Iron Maidens: Mit Bikerinnen am Erzberg

Luger Sabrina

Endlich findet es wieder statt, das Erzbergrodeo! Die letzten beiden Jahre wurde es abgesagt, jetzt ist es aber wieder angesagt. Dieses Wochenende pilgern rund 1.500 Bikerinnen und Biker nach Eisenerz, um mit ihren Motocross-Bikes den Berg zu erklimmen. Wir haben zwei Bikerinnen ausgegraben und mit ihnen über’s Mopperl-Fahren am Erzberg geplaudert.

Beim Erzbergrodeo geht‘s nicht um ein Preisgeld und auch nicht um den Pokal, es geht darum, etwas schier Unmenschliches zu erreichen. Eine Herausforderung, der sich auch die Fotografin Marcella Wallner aus Kilb in Niederösterreich stellen wollte: „Ich bin schon als 15-jährige mit meinem Roller über Schotterstraßen drübergefahren und wollte immer den Motorradführerschein machen, nie den Autoführerschein. Nachdem ich einmal als Gast beim Erzberg dabei war, wurde der Gusta, auch selbst einmal mitzufahren, immer größer.“

Die erste Maschine, der Start einer großen Liebe

2013 hat sie sich dann eine eigene Maschine gekauft, eine Yamaha YZ85, Baujahr 2005. „Das war eigentlich ein Kindermoped für Jugendliche zum Anfangen. Aber weil ich so klein bin, war das der nächste Schritt nach dem Pocket Bike. Und weil ich keine Furcht kenne, hab‘ ich mich auch gleich für das Rodeo, das drei Monate später stattgefunden hat, angemeldet“, erzählt die 34-Jährige.

In der kurzen Zeit bis zum Rennen hat sie sich dann so gut wie möglich vorbereitet. Komplett ungeübt war sie ja zu dem Zeitpunkt nicht, wie sie erzählt: „Ich hatte zwar keine Ahnung von Motorcross oder Endurosport, aber den A-Schein hatte ich schon lange. Und auch daheim im Garten bin ich viel herumgefahren. Für mich war klar: Ich will das jetzt einfach machen und das muss funktionieren! Damals waren auch nur 40 Frauen angemeldet, also hab‘ ich mir gedacht, dass ich im schlechtesten Fall den 40. Platz mache.“

Sticks and stones may break my bones

Doch 2013 war kein gutes Jahr für das erste Erzbergrodeo, denn es hat geschneit. Die Bedingungen für ein Rodeo im Erzabbau-Gebiet waren also alles andere als optimal. Noch dazu kam, dass im Prolog ein Steilhang zu bewältigen war. Eine Hürde, der sich die damals 26-jährige Niederösterreicherin nicht gewachsen sah.

„Bei der Anschau-Tour war ich total überfordert. Und das Ding ist, es fahren alle gleichzeitig die Strecke rauf und auch die gleiche Strecke wieder runter. Und wenn du nicht schnell genug oben bist, dann kommen dir die ersten schon wieder entgegen“, berichtet Marcella.

Beim Rennen schaffte sie dann bei den Damen dennoch den 8. Platz: „Das war zwar der letzte Platz, weil die anderen dann doch nicht gefahren sind, aber immerhin Top 10!“ Seither wurde sie nie wieder Letzte, denn der Wille hat sie gepackt. Bis zum Rodeo im Folgejahr hat sie 14 Kilo abgenommen, mit dem Laufen begonnen und jeden Abend trainiert. „Die Nachbarn müssen sich was gedacht haben“, scherzt die Hobby-Rennfahrerin.

Vier Jahre später hat Marcella außerdem Verstärkung bekommen: Die 25-jährige Petra Hollaus. Seither „werken“ sie gemeinsam. „Die Marcella hat gesagt, sie hätte gerne wen, mit dem sie gemeinsam trainieren kann. Und dann hab‘ ich mir auch einfach eine Maschine zugelegt“, erzählt Petra und witzelt weiter: „Beim Erzbergrodeo ist das dann lustig, weil da starten zuerst die ganzen Profis und dann kommen wir zwei Bäuerinnen aus Kilb.“

Am Berg und nahe dem Himmel?

Man sagt ja, am Berg ist man dem Himmel immer ein bisschen näher. Aber heißt das auch, dass man zumindest ein klein bisschen lebensmüde sein muss, um bei solch einem Rennen mitzumachen? Petra sieht das ganz klar: „Ja! Also ich überlege mir schon immer was auf meinem Partezettel draufstehen würde, wenn ich bei der Startampel stehe.“ Marcella hingegen hat eine andere Meinung dazu: „Also ich glaube nicht, dass man lebensmüde sein muss. Aber abenteuerlustig und ein bisschen hin in der Birne schon. Du musst es halt mögen, über deine Grenzen zu gehen.“

Und die beiden Niederösterreicherinnen lieben es, über ihre Grenzen zu gehen. „Das Coolste ist, wenn du oben in das Ziel kommst und es war keine schlechte Zeit. Und dann fährst du gemütlich auf der anderen Seite den Berg runter und weißt, dass mindestens 90 Prozent der Menschen so etwas gar nicht in Erwägung ziehen würden. Das gibt mir ein gutes Gefühl“, erzählt Marcella.

„Ich bin immer das Bier-Mobil und habe im Rucksack ein paar Dosen eingesteckt. Und wenn du dann oben ankommst, komplett dreckig, verschwitzt und deine Beine zittern vor Anstrengung, dann ist das das beste Bier überhaupt“, so Petra.

Gegeneinander miteinander

Dabei wird dann aus dem Konkurrenzkampf ein Miteinander, wie Marcella erzählt: „Das ist das Schöne am Erzbergrodeo. Es kommen Menschen von überall auf der Welt, die messen sich gegenseitig beim Fahren, aber es bilden sich auch Freundschaften. Und dann steht man im Zelt und trinkt mit Enduro-Legenden ein Bier, das ist schon sehr besonders.“