Geil auf Gastro: Als Lehrling im Tourismus

Luger Sabrina

Die Zahlen der Lehrlingsanfängerinnen und -anfänger stagnieren in Österreich seit Jahren – besonders in der Gastronomie und Hotellerie sucht man händeringend nach Nachwuchs. Wir haben mit zwei Lehrlingen gesprochen, die den Schritt gewagt haben, obwohl sie eigentlich etwas ganz anderes machen wollten.

“Eigentlich wollte ich Tischlerin werden”, erzählt Jasmin. Die heute 22-Jährige hat sogar schon Schnupperstunden in einer Tischlerei absolviert. Dennoch, heute ist sie im dritten Lehrjahr ihrer Doppellehre „Rezeption und Service” im Hotel Schwaigerhof im steirischen Schladming. Nachdem sie für sich entschieden hatte, die Matura an der HBLA für Land- und Forstwirtschaft doch nicht zu machen, wollte sie einfach so schnell wie möglich eine Lehre absolvieren.

Besonders im Tourismus und der Freizeitwirtschaft beginnen immer weniger Menschen eine Lehre. Haben 2010 österreichweit noch rund 4.000 Lehrlinge ihre Ausbildung in dieser Branche begonnen, waren es 2019 nur mehr knapp 3.000. Aufgrund von Corona sank diese Zahl 2020 sogar auf unter 2.000.

Keine Qual, nur die Wahl

„Beim Schwaigerhof hab ich sofort eine Lehrstelle bekommen. Generell hätte ich mir aussuchen können in welchem Tourismusbetrieb ich beginne, die haben alle nach Lehrlingen gesucht”, erzählt Jasmin. Heute möchte sie es auch nicht mehr anders: „Ich bin einfach richtig froh, dass ich diesen Weg gegangen bin. Ich war immer schon gerne unter Leuten, tagtäglich in einer Werkstatt zu arbeiten könnte ich mir heute gar nicht mehr vorstellen.”

Auch Calvin hat ohne Probleme die Stelle am Schwaigerhof erhalten, wie er uns erzählt: “Der Schwaigerhof war aber auch meine erste Wahl. Ich habe mich nur dort beworben und die Lehrstelle auch gleich bekommen.” Ende Mai schließt er die Doppellehre „Küche und Service” ab. Auch er wollte ursprünglich die Matura machen: „Nach zwei Jahren Oberstufe hatte ich einfach genug von der Schule. Und ich habe gewusst, dass wenn ich jetzt noch zwei Jahre weiter in die Schule gehe habe ich zwar die Matura, aber keinen Beruf. Und mir war klar, dass das nicht mein Ding ist.“

Probieren geht über studieren

Einige ihrer Freunde haben ein Studium begonnen, das konnten sich die beiden aber nicht vorstellen. Mehr Praxis und weniger Theorie waren ihnen wichtig. Obwohl Jasmin und Calvin nur noch zwei Jahre bis zur Matura gehabt hätten, haben sie sich gegen die Schule und für eine Lehre entschieden. Und würden es wieder tun. „Obwohl mir für das Gymnasium die Motivation gefehlt hat, bin ich gerne in die Berufsschule gegangen. Was ich da gelernt habe, hat mich nicht nur mehr interessiert, ich habe es auch direkt anwenden können. Außerdem waren alle anderen auch Gastro-Lehrlinge. Das heißt, wir waren alle gleich orientiert, keiner war schüchtern und wir hatten echt Spaß”, erzählt Calvin.

Doch nicht für jede und jeden ist es so easy wie für Julia und Calvin. Wie eine Statistik des AMS zeigt, ist die Verteilung von Angebot und Nachfrage bei Lehrberufen ungleichmäßig verteilt. Von rund 200 Lehrberufen, die es in Österreich gibt, wollen fast ein Drittel aller Bewerberinnen und Bewerber einen von vier konkreten Berufen ausüben. Dazu zählen Einzelhandelskauffrau/-mann, Bürokauffrau/-mann, KFZ-Techniker/-in und Friseur/-in. Viele offene Stellen hingegen gibt es in den Bereichen Restaurantfachfrau/-mann und Köchin/Koch. Eine Überschneidung von Angebot und Nachfrage gibt es im Einzelhandel.

Von Schladming in die weite Welt?

Die beiden Lehrlinge vom Schwaigerhof haben schon fast die Lehrabschlussprüfung in der Tasche. Sie stehen auf eigenen Beinen, haben ein Handwerk erlernt und machen sich – trotz Pandemie – keine Sorgen um ihre Zukunft. Jasmin findet, dass sie dadurch besonders gut gerüstet ist: “Also ich habe die Umstände der Pandemie vielleicht noch leichter in Kauf nehmen können als andere, die schon länger im Berufsleben stehen. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich jetzt gerüstet bin für Ausnahmezustände.”

Mit einer guten Ausbildung sei man im In- wie auch im Ausland immer gefragt, meint Calvin. Ihn zieht es weg aus der Heimat: “Ich würde nach meiner Ausbildung ganz gerne auf Saison gehen, nach Tirol, Salzburg oder vielleicht auch ins Ausland. In meinem Beruf steht mir ja quasi die ganze Welt offen.” Jasmin sieht das ähnlich: „Wenn du Tourismus gelernt hast, dann kannst du mit deinem Beruf die ganze Welt erkunden.”

Dabei bleibt der Spaß an der Arbeit auch in Schladming nicht auf der Strecke. Die Lehrlinge im Schwaigerhof sind alle in einem ähnlichen Alter, man ist untereinander befreundet und der Schmäh rennt. “Wir haben immer von zwei bis fünf am Nachmittag frei, das ist die Zimmerstunde. Ich fahr dann gerne mal mit den Kolleginnen und Kollegen an den See oder eine Runde mit den Ski”, erzählt der Lehrling. Fad wird ihnen also nie.