Der macht den Hofladen: Zu Besuch am Fürstenhof

Luger Sabrina

Niki Rettenbacher hat mit seiner Familie aus der Nebenerwerbslandwirtschaft seiner Eltern in Kuchl im Salzburger Tennengau ein kleines Bio-Paradies aufgebaut. Er stellt nicht nur eigenen Käse her und bringt Groß und Klein das Leben am Bauernhof näher, sondern beschäftigt sich auch mit alternativen Formen der Landwirtschaft. Wir haben uns mit ihm über sein Leben, den Fürstenhof und die Gegenwart und Zukunft seines Berufs unterhalten.

Es ist ein nasskalter und trüber Morgen, als wir zu unserem Treffen mit Niki starten. Das mächtige Göllmassiv immer an unserer rechten Seite, nähern wir uns dem historischen Fürstenhof, der auf den ersten Blick zu dieser Tages- und Jahreszeit noch recht verschlafen wirkt. Sobald uns Niki jedoch mit wachen Augen begrüßt und wir die ersten Blicke ins Innere des Hofs erhaschen, merken wir, dass das Leben hier selten still steht. Die Käsetheke des Hofladens wird von den Mitarbeitern für den Tag vorbereitet und im rückseitig gelegenen Stall bekommen die Jersey-Rinder bereits ihr zweites Frühstück von Nikis Vater. Ganz zu schweigen von den Milliarden an Milchsäurebakterien, die rund um die Uhr im Reiferaum gefragten Spitzenkäse produzieren. Schon in den ersten Momenten merken wir, dass es hier am Fürstenhof viele Themen gibt, über die man schreiben könnte. Wir beschließen ganz vorne zu beginnen und fragen Niki, wie er den Hof zu dem gemacht hat, was er heute ist.

Also, wie hat das bei dir alles angefangen?
Nach der Schule habe ich erst eine Tischlerausbildung gemacht. Als mein Vater im Jahr 1999 einen schweren Forstunfall hatte, lag es aber an mir, die Landwirtschaft weiterzuführen. Gleich danach habe ich auch angefangen, selbst Milch zu verarbeiten. Irgendwo war immer die Sehnsucht da von der Landwirtschaft leben zu können

Ich hätte auch andere Sachen machen können, aber von innen heraus habe ich immer gewusst, dass das der wichtige Weg für mich ist.

Wenn dich etwas interessiert saugst du es viel schneller auf. Es taugt dir selbst auch wenn es deinen Kühen gut geht.

Vielen Bauern fällt es schwer, ihren Betrieb neu auszurichten. Wie ist es dir dabei ergangen?
Wir hatten damals zwar nur sechs Hektar Grund in Eigenbesitz, aber Aufhören war nie ein Thema. Ich muss sagen, an dem was ich tue habe ich nie gezweifelt. Schwierig waren die Situationen, in denen wir zu viel investiert haben. Ein bisschen Druck schadet nicht, doch durch zu viel Druck geht die Innovation verloren und die Freude. Du bist dann nicht mehr kreativ. Das größte Problem kommt dann, wenn du dich nicht mehr traust dich zu verändern.

Wie siehst du die derzeitigen Entwicklungen in der Landwirtschaft?
In der Landwirtschaft tut sich zurzeit richtig viel. Die Leute haben das Bedürfnis selbst mitzuarbeiten um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden. Das ist die Chance für die kleine Landwirtschaft. Als großer Bauer hast du nicht die Möglichkeit, einfach kurzfristig auf das Wetter zu reagieren oder mit verschiedenen Pflanzen und Saatgut zu experimentieren. Große Bauern sind in einem System drinnen – auch förderbedingt, dass sie völlig unflexibel macht.

Themen wie Tierwohl und nachhaltige Landwirtschaft werden zurzeit viel diskutiert – du stehst als Produzent auch direkt mit den Kunden in Kontakt. Welche Fragen kommen immer wieder auf?
Wir merken eine große Diskrepanz zwischen den Aussagen der Konsumenten und dem jeweiligen persönlichen Handeln. Viele erwarten oft unmögliche Dinge von den Bauern, sind aber nicht bereit, auch mehr dafür zu zahlen. Zum Beispiel fragen oft Leute bei uns im Stall, warum die Kühe enthornt sind oder warum sie nicht noch mehr Platz haben. Ich antworte ihnen dann, dass das Enthornen eine Schutzmaßnahme für den Bauern und die Bäuerin ist und frage sie, ob sie denn auch bereit wären, ein paar Euro mehr für die Milch zu bezahlen, wenn wir den Stall vergrößern.

Wie reagieren die Leute auf das Leben am Bauernhof?
Wenn Kinder aus der Stadt zu uns kommen sind sie anfangs oft etwas skeptisch, doch sobald sie den ersten Kontakt mit den Kälbern haben, ist das Eis gebrochen. Noch vor einigen Jahren hatte fast jeder zumindest Verwandte, die eine Landwirtschaft besitzen. Heute geht der Bezug dazu jedoch mehr und mehr verloren. Man vergisst aber auch als Bauer oft, dass 90 Prozent der Leute die Arbeit und Lebensweise auf einem Bauernhof nicht kennen. Sogar mein Nachbar hat mich letztens gefragt, ob wir denn auch zweimal am Tag melken.

Was habt ihr da noch für Erfahrungen gemacht?
Ich hatte mal eine Führung mit einer Schulklasse aus Salzburg. Da hat ein Junge gefragt, ob der Stier auch gemolken wird. Interessanterweise hat niemand über die Frage gelacht.

Es gibt auch viele Volksschulkinder, die zu einem Kälbchen „Pony“ sagen. Wir nehmen diese Fragen sehr ernst und diskutieren im Anschluss auch oft darüber. Das Problem ist ja, dass viele der Meinung sind, dass alles ökologisch sein soll, sie aber gleichzeitig nicht wissen, welch enormen Aufwand das für den Bauern bedeutet.

Viele Bauern spielen mit dem Gedanken, ihre Milch selbst zu verarbeiten. Was gibt es dabei zu beachten?
Viele Praktikanten wollen nach der Zeit bei uns selbst mit der Milchverarbeitung anfangen. Die Eltern investieren dann in eine Anlage um ein paar 100.000 Euro, ohne sich vorher Gedanken über den Verkauf gemacht zu haben. Aber genau hier liegt die Schwierigkeit. Wir haben gelernt, dass es besser ist, etwas weniger zu produzieren, aber dafür alles anzubringen.

Worauf muss man bei der Vermarktung der eigenen Produkte achten?
Ein zufriedener Kunde ist die allerbeste Werbung. Früher konnte man sich schon durch ein schönes Etikett differenzieren, aber das haben die großen Hersteller mittlerweile auch. Umso wichtiger ist es daher, den Leuten zu zeigen, wer und was hinter den Produkten steht.

Ihr habt Produkte über große Handelsketten verkauft, setzt jetzt aber doch wieder auf Direktvermarktung. Was habt ihr aus diesen Jahren für Erkenntnisse gezogen?

Seit wir auf Direktvermarktung umgestellt haben, ist der Aufwand zwar mehr geworden, aber unterm Strich bleibt mehr übrig. Wir produzieren um die Hälfte weniger – mit der Hälfte an Kühen – machen aber alles selbst. Unsere ganze Bemühung zielt auf den Endkunden ab; dass er zu uns kommt, dass er sich bei uns wohlfühlt und unsere Philosophie kennenlernt. Sowas kann man ja beim Verkauf über eine Kette gar nicht transportieren.

Noch mehr Informationen zum Fürstenhof findest du hier.